Eine gelungene Reise in die Hansestadt Lübeck
Bericht von Andrea Vaske, Deutschlehrerin an der Alværn Ungdomsskole in Nesodden
Ende Januar 2022 reisten 17 Deutschschülerinnen- und Schüler der Alværn Ungdomsskole in Nesodden nach Lübeck, wo sie von 20 Schülerinnen und Schülern der Holstentor Gemeinschaftsschule empfangen wurden.
Die Schüler waren gut auf die Reise vorbereitet, denn bereits viele Monate vor der Reise wurde im Deutschunterricht in Nesodden mit dem übergeordneten Thema der Reise: „Heimat – ein Teil von uns“ gearbeitet.
Die Schülerinnen und Schüler fanden dabei ihre eigene Definition dessen, was „Zuhause“ für sie bedeutet. Sie mussten auch dokumentieren, was sie selbst als Heimat erleben, und drehten einen Film über genau die Orte auf Nesodden, die sie als ihre "Heimat" betrachten. Während dieser Arbeit begannen sie, Dinge anders zu betrachten, die sie sonst für selbstverständlich hielten; den Schülern wurde nicht nur ihre unmittelbare Umgebung bewusster, sondern auch die Beziehungen, die sie zu ihren Mitschülern und zu den Lehrern haben. Sie dachten darüber nach, was das für sie persönlich bedeutet. Sie entdeckten auch die eigene Schule und die Freizeitmöglichkeiten neu, die mit einem „Heimatgefühl“ verbunden sein können. Ebenso entdeckten die Schüler mit aufmerksamerem Blick die vielfältigen Sport- und Aktivitätsmöglichkeiten, die Nesodden ihnen bietet.
Die Holstentor Gemeinschaftschule hat doppelt so viele Schüler wie die Jugendschule in Alværn. Ein Großteil der Schülerinnen und Schüler hat Migrationshintergrund. In den Gesprächen erfuhren die norwegischen Jugendlichen, dass viele deutsche Schüler mehr als nur ein Zuhause haben, dass sie zu Hause oft zwei Sprachen sprechen und dass dies einen wichtigen Teil ihrer Persönlichkeit und Identität ausmacht. Das gilt natürlich auch für einige der norwegischen Schülern, somit hatten einige von ihnen auch gemeinsame Erfahrungen.
Die Schülerinnen und Schüler bekamen darüberhinaus einen Einblick in eine recht typische deutsche Schule und erlebten den regulären Unterricht in verschiedenen Fächern. Dies bot eine gute Grundlage, um später Unterrichtsstil und -inhalte zu vergleichen, u.a. als sie in ihren Logbüchern ihre Beobachtungen beschrieben.
Als die norwegischen Schüler ihre Filme den deutschen Partnern vorstellten, fühlten sie sich verstanden - und das Interesse der deutschen Schüler war groß. Sie waren neugierig und wollten mehr über das Leben in Norwegen erfahren! Und umgekehrt konnten die norwegischen Schüler die «Heimat-Orte» sehen und erleben, die die deutschen Schüler in Lübeck ausgewählt hatten. Es gab somit Kulturerlebnisse „aus erster Hand“.
In Bezug auf das Motto der Reise „Heimat – ein Teil von uns“ war der Besuch des Europäischen Hansemuseums besonders wichtig. Hier konnten die Schüler sehen und erleben, wie vielfältig das hanseatische Kulturerbe die Stadt und ihre Geschichte geprägt hat, und sie haben erfahren, wie sichtbar dieses Kulturerbe auch heute noch ist.
Der Besuch im Willy-Brandt-Haus war in einem etwas anderen Sinne ein Aha-Erlebnis. Hier wurde die Frage, was Heimat ist, noch einmal aus anderen Perspektiven gestellt. Was bedeutet es, wenn jemand aus seiner Heimat fliehen muss? Was nimmt man mit, nicht zuletzt im übertragenen Sinne? Was sind wir bereit, für unser ursprünglicher Geburtsort/Land zu tun, gerade weil wir dieses besondere Gefühl für die eigene Heimat haben? Diese Fragen waren für Brandt relevant und sind es heute für viele Menschen, auch im direkten Umfeld der Schüler. Der ausgezeichnete Workshop von Frauke Kleine Wächter im Willy-Brandt-Haus hat dazu beigetragen, die Schüler für solche Gedanken und Fragen zu sensibilisieren.
Bei der Reise nach Hamburg stand das Sprachenlernen verstärkt im Fokus. Edda Lucas von Aubiko e.V. sprach mit den Schülern ausschließlich auf Deutsch, und die Schüler bekamen gut strukturierte und nicht zuletzt aussagekräftige Aufgaben und Texte zu den diversen Sehenswürdigkeiten und Gegenden, die wir besucht haben. Auf diese Weise arbeiteten die Schülerinnen und Schüler mit allen klassischen Grundfertigkeiten des Sprachenlernens. Einen großen sprachlichen Gewinn bestand in den konstanten Umgang mit der deutschen Sprache, sowohl in Alltagssituationen, in Geschäften, Cafés und sonst wo.
Neben all den pädagogischen Bestandteilen der Reise gab es auch Spaß und Entspannung beim Bowlen, im Escape-Room und bei einem leckeren Abendessen in Hamburg. – all dies dank der finanziellen Unterstützung der norwegisch-deutschen Willy-Brandt-Stiftung.
Wir glauben, mit dieser Reise ein Beispiel dafür gesetzt zu haben, dass projekt- und schulgebundene Sprachreisen nach Deutschland für die Schüler, nicht zuletzt in der Mittelstufe, unglaublich motivierend, spannend, lehrreich und bereichernd sind. Durch solche Reisen wird das Sprachenlernen sinnvoll und motivierend. Ebenso ist das Treffen mit Gleichaltrigen ein Augenöffner. Von außen mögen die Kulturen zwischen Norwegen und Deutschland recht ähnlich erscheinen. Aber einen normalen Schulalltag zu erleben, wo die deutschen Schüler zum Lehrer "Sie" sagen und wo die Regeln bezüglich Pünktlichkeit und Ordnung im Unterricht etwas strenger eingehalten werden als in Norwegen, das ist schon etwas ganz anderes!
Im Namen unserer Schüler danken wir der Willy-Brandt-Stiftung für ihre Unterstützung! Die Schüler der Alværn Ungdomsskole erlebten eine ganz besondere und lehrreiche Reise nach Deutschland.