Zwei kleine Birnbäume, Edvard Munch in Deutschland, der Bundespräsident, der norwegische Premierminister und viele gute Helfer - eine deutsch-norwegische Geschichte
Im Juni 2024 haben wir mit großer Freude die ersten Fruchtansätze auf den beiden Birnbäumen vor dem Munch-Museum in Oslo entdeckt. Die Bäume sind ein gemeinsames Geschenk der Norwegisch-Deutschen Willy-Brandt-Stiftung und des Vereins Edvard-Munch-Haus Warnemünde e.V., mit Unterstützung vom Schulverein Carolinum e.V. . Als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 4. November 2021 Norwegen besuchte, wurden die beiden - damals noch kleine - Birnbäume vor dem neuen Munchmuseum in oslo "eingeweiht". Die Geschichte dahinter illustriert die Beziehungen, die Edvard Munch zu Deutschland hatte, und wiederspiegelt zugleich die guten deutsch-norwegischen Beziehungen von heute.
Im Sommer 1907 reiste Edvard Munch nach Warnemünde, wo er bis Oktober 1908 ein kleines Fischerhaus Am Strom 53 mietete. Dort erholte er sich von einer tiefen Lebenskrise und verbrachte eine künstlerisch äußerst produktive Zeit. In Warnemünde malte er unter Anderem die Serie "Das grüne Zimmer" und reiste mehrmals nach Berlin, wo er an einem Werk für Max Rehinhardts Kammerspiel-Bühne am Deutschen Theater arbeitete. Der alte Birnbaum im Innenhof des Hauses Am Strom 53 wurde dem Maler während seines Aufenthaltes vertraut. Mit dem Gemälde „Alter Mann in Warnemünde“ schuf Munch ein Denkmal sowohl für seinen Vermieter, den Warnemünder Lotsen Carl Nielsen, als auch für den Birnbaum. Das Haus am Strom 53 ist heute ein Ort, an dem norwegische und deutsche Künstler leben, arbeiten und ausstellen. Es wird betrieben von dem Verein "Munch-Haus Warnemünde e.V., der 2014 mit dem Willy Brandt-Preis ausgezeichnet wurde. Und der Birnbaum, der von Munch verewigt wurde? Er stand die ganze Zeit dort - bis September 2019, als er durch einen Sturm stark beschädigt wurde. Im November 2019 ergriff Henry Tesch, Vorstandsmitglied der Norwegisch-Deutschen Willy-Brandt-Stiftung, Schulleiter des Gymnasium Carolinum und ehem. Vorstandsvorsitzender des Vereins Munch-Haus Warnemünde, die Initiative, einen Ableger des alten Birnenbaums zu ziehen, der den Platz des historischen Baumes einnehmen sollte.
Er sorgte auch dafür, dass bei Hinrichs Pflanzenhandel in Kröpelin zwei weitere Ableger gezogen wurden. Und mit Hilfe der Norwegisch-Deutschen Willy-Brandt-Stiftung startete 2020 eine Arbeit, die beiden Bäume nach Norwegen zu bringen - als ein Geschenk an das neue Munchmuseum. Sowohl das Munchmuseum als auch dessen Besitzer, Oslo Kommune, waren von Anfang an begeistert von der Idee. Da Oslo eine der ganz wenigen Regionen in Norwegen ist, die nicht von der Birnbaumkrankheit „Feuerbrand“ betroffen sind und somit besonders strenge Regeln für den Einfuhr von Obstbäumen haben, mussten jedoch sowohl auf deutscher als auch auf norwegischer Seite grundliche Untersuchungen vorgenommen und amtliche Zertifikate für die Bäume ausgestellt werden.
Am 12. Oktober 2021 wurde der Einfuhr genehmigt, Zolldokumente konnten ausgestellt und ein Transportunternehmen wurde damit beauftragt werden, die Bäume nach Norwegen zu bringen - zunächst zum Pflanzenhandel Seim in Østfold, wo weitere Untersuchungen vorgenommen wurden. Am 3. November konnten die Bäume von der Gärtnerin der Osloer Kommune vor dem Eingang des neuen Munchmuseums gepflanzt werden. Am gleichen Abend kam das grüne Licht der deutschen Botschaft und des norwegischen Außenministeriums dafür, dass Bundespräsident Steinmeier und Premierminister Gahr Støre (die übrigens 2013 beide den Willy-Brandt-Preis erhielten, da sie während ihrer Zeit als Außenminister zu einer Intensivierung der bilateralen Beziehungen zwischen Norwegen und Deutschland beitrugen) im Rahmen ihres gemeinsamen Besuches im Munchmuseum an den Bäumen verweilen würden, um sie "einzuweihen". Sverre Myrli, Co-Vorstandsvorsitzender der Norwegisch-Deutschen Willy-Brandt-Stiftung, war mit Vorstandsmitglied Ingjerd Schou zusammen anwesend und konnte über die Geschichte der Bäume informieren.
Zwei kleine Bäume, Edvard Munch, ein Präsident, ein Premierminister und viele gute Helfer: herzlichen Dank an alle, die uns geholfen haben, diese Geschichte zu Stande zu bekommen.
Bildrechte für das Gemälde von Munch: Edvard Munch: Alter Mann in Warnemünde, 1907, Öl auf Leinwand, 153 × 149 cm, Foto © Munchmuseet.